Tupperware, einst das Non-plus-Ultra der geordneten Küchenwelt, durchläuft ein Rebranding in dem Versuch, gegen steigende Konkurrenz und finanzielle Probleme anzukommen. In einem Markt voller günstiger Alternativen sollen das neue Logo und der Slogan »Useful is Beautiful« einen frischen Start signalisieren. Aber ist das Ergebnis wirklich mehr als nur eine kosmetische Aufhübschung?
Die Marke erlangte ihren Kultstatus ursprünglich durch ihre direkte Verkaufsstrategie: den Tupperparties. Wer erinnert sie nicht? Während wir uns auf dem Spielplatz getroffen haben, saßen unsere Eltern zusammen im Wohnzimmer, feierten ›das bisschen Haushalt‹, die nette Gesellschaft und natürlich das Einkaufserlebnis. So prägten Tupperparties eine ganze Ära und verliehen der Marke einen einzigartigen Stellenwert. Aber wie sind diese legendären Haushaltsfeste eigentlich entstanden? Let’s go back for a sec:
Tupperparties wurden in den 1950er Jahren in den USA ins Leben gerufen und waren ein bahnbrechender Umbruch im Direktvertrieb. Earl Tupper und Marketing-Genie Brownie Wise verwandelten mit diesen Veranstaltungen schnöde Produktpräsentationen in unterhaltsame Events: Bei einer Tupperparty konnte jeder das eigene Wohnzimmer in einen geselligen Treffpunkt für Produktvorführungen verwandeln. Diese persönliche Note sorgte für ein Kauferlebnis, an das man sich gern erinnerte. Als Gastgeber konnte man sich zusätzlich über Rabatte und kostenlose Produkte freuen. Tupperparties waren kein reines Verkaufsgespräch – sie verkauften eine Lebenseinstellung. Schnell wurden sie zu einem globalen Phänomen, das sich auch in Australien, Kanada, Großbritannien und Europa verbreitete. Die beinahe logische Konsequenz? Eine tiefe emotionale Bindung zwischen der Marke und ihren Verbrauchern. Doch daran kann das Rebranding nicht anknüpfen — es ist, als hätte es den eigenen Ursprung vergessen.
In letzter Zeit rutscht das Unternehmen immer tiefer in die Krise: Werke werden geschlossen und Mitarbeiter entlassen. Die Umstellung auf eine Einzelhandelsstrategie mag wie ein notwendiger Schritt wirken, doch letztlich ist es ein reaktiver. Tupperware läuft einem Markt hinterher, der längst weitergezogen ist. Das Versäumnis, sich früher anzupassen, unterstreicht nur die eigene Distanz zur heutigen Verbraucherlandschaft.
Das neue Logo mit seinem dynamischen ›T‹ soll den Moment symbolisieren, in dem man eine Tupperdose öffnet. Modern und ansprechend? Vielleicht. Der neue Slogan »Useful is Beautiful« dagegen könnte kaum generischer sein. Eine gefällige Aussage, klar. Dabei aber so weit gefasst, dass sie es nicht schafft, Tupperware von den unzähligen Alternativen auf dem Markt abzuheben. Anstatt sich klar zu positionieren, schwimmt Tupperware mit der Masse mit. Böse Zungen könnten meinen, es wäre sogar klüger gewesen, gänzlich auf einen Slogan zu verzichten und stattdessen auf die eigene Bekanntheit zu setzen.
Das Logo mag ein neues Kapitel versprechen, aber ohne bedeutungsvolle Innovation ist es nicht mehr als ein Symbol für das Aufwärmen alter Ideen. Warum sollte man also nach der alten Dose greifen, wenn sich darin nichts Neues befindet? Ein Mitlaufen ohne Ziel — Aktion um der Aktion willen.
Tupperwares Bemühungen, sich als nachhaltige Marke zu positionieren, sind ein Schritt in die richtige Richtung. Bis 2025 wollen sie alle Plastik-Einwegverpackungen komplett mit Alternativen wie kompostierbarem Material ersetzen und 90% der zurückgesendeten Produkte wiederverwerten. Bei all diesen guten Absichten verwendet Tupperware weiterhin Plastik — und davon nicht gerade wenig. Und auch wenn Tupperware wieder und wieder die Haltbarkeit ihrer Produkte betont: Plastik, selbst recycelbares, stellt eine Belastung für die Umwelt dar. Heutzutage suchen Verbraucher nach Lösungen, die den kompletten Lebenszyklus eines Produkts berücksichtigen — von der Materialbeschaffung bis zur Entsorgung. Eine Umstellung auf alternative Materialien wie Bioplastik oder Investitionen in pflanzenbasierte oder vollständig kompostierbare Stoffe hätte ein klares Bekenntnis zur Nachhaltigkeit — und den Verbrauchern von heute — gezeigt.
Natürlich versucht das Rebranding auch die digitale Reichweite von Tupperware zu pushen, nur liegen die Probleme der Marke tiefer als nur in einer schwachen Online-Präsenz. Die Umstellung vom Direktvertrieb auf den Einzelhandel ist eine erhebliche Veränderung, bewältigt aber das grundlegende Problem nicht. Denn der ursprüngliche Charme der Tupperparties, das persönliche und interaktive Erlebnis, lässt sich nicht einfach so in den virtuellen Raum kopieren. Und ein schickes neues Logo kann daran wenig ändern.
Rebranding sorgt oft für gemischte Reaktionen, und Tupperwares aktueller Ansatz bildet da keine Ausnahme. Ich selbst arbeite in einer Branding-Agentur und kenne die Herausforderungen solcher Transformationen nur zu gut. Eine der wichtigsten Fragen, die es vor einem Rebranding zu beantworten gilt, ist: Wen wollen wir damit erreichen?
Für langjährige Tupper-Fans, die das einzigartige Verkaufsmodell und die damit verbundene Community schätzen, könnte die neue Markenidentität eher entfremdet wirken. Im schlimmsten Fall fühlen sich hier treue Kunden vergessen, während die Brand es gleichzeitig nicht schafft, eine neue Generation anzusprechen. Der Schlüssel für Tupperware wird darin liegen, eine Balance zu finden, die das eigene Erbe respektiert und gleichzeitig die vielfältige Zielgruppe von heute anspricht.
Das aktuelle Rebranding hätte der Moment sein können, die Marke im heutigen Markt neu zu positionieren. Leider wirkt es wie eine vorschnelle Reaktion auf akute Probleme – anstelle einer durchdachten Strategie für nachhaltiges Wachstum. Heutige Konsumenten haben hohe Ansprüche und erkennen schnell, ob eine Marke nur an der Oberfläche kratzt. In einem stark umkämpften Markt, in dem Konkurrenten wie IKEA — sowie jeder dorf-eigene Drogeriemarkt — ähnliche Produkte zu günstigeren Preisen anbieten, steht die Marke vor einer Frage: Reicht ein neues Design aus, um in einem übersättigten Umfeld wieder relevant zu werden?
Um sich neu zu definieren, müsste Tupperware entweder konsequent an der eigenen Tradition festhalten oder sich weit mehr in Richtung zeitgemäßer Werte und Produkte bewegen. Ja, es gibt immer noch Tupperparties, aber deren Vermarktung wirkt eher wie eine nostalgische Geste. Ein schwacher Abklatsch alter Stärke. Wenn es der Marke nicht gelingt, ihren ursprünglichen Prinzipien neue Relevanz zu verleihen, bleibt das Rebranding nichts weiter als ein hübscher neuer Deckel auf einer veralteten Dose. Und wenn das alles ist, was Tupperware noch zu bieten hat, entscheiden sich einige Konsumenten sicher dafür, diesen lieber zuzulassen.